Mystische Klosteranlage mit romanischen und gotischen Elementen
Fotos und Text © Michael Metzger, 2023.
Kloster Maulbronn ist eine ehemalige Zisterzienserabtei in der Kleinstadt Maulbronn. Sie liegt nordöstlich von Pforzheim, das zwischen Karlsruhe und Stuttgart gelegen ist. Geographisch befindet sich das Kloster zwischen Odenwald und Schwarzwald in einer ländlichen, von Feldern, Hügeln und Wäldern geprägten Gegend.
Das Kloster ist als UNESCO-Welterbe ausgezeichnet und gilt als die am besten erhaltene mittelalterliche Klosteranlage nördlich der Alpen. In seiner Architektur vereinen sich romanische und gotische Einflüsse.
Innerhalb der Mauern der Klosteranlage befinden sich unter anderem mehrere Restaurants, eine Apotheke, eine Buchhandlung und das Rathaus von Maulbronn. Darüberhinaus beherbergt die Anlage das Evangelische Seminar Maulbronn – eine traditionsreiche Internatsschule.

Zu den Ehemaligen des Seminars zählen unter anderem die Dichter und Schriftsteller Friedrich Hölderlin, Eduard Mörike und Hermann Hesse, der 1946 mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt wurde und als der weltweit meistgelesene, deutschsprachige Autor des 20. Jahrhunderts gilt.
Die Hänge und Streuobstwiesen nördlich des Klosters laden zum Wandern, Spazierengehen und Verweilen in der Natur ein. Auch der nur wenige Meter von der Klosteranlage entfernte Badesee Tiefer See ist einen Abstecher wert, der einen Besuch im Kloster abrunden kann.
Das Kloster befindet sich in der Ortsmitte von Maulbronn. Aus Richtung Frankfurter Straße kommend wirkt die Anlage von außen zunächst eher unscheinbar. Der südwestliche Eingang zum von einer Mauer umgebenen Gelände befindet sich unter einem schmalen Torbogen:

Direkt hinter dem Eingang ist auf der linken Seite die Klosterapotheke zu sehen. Dieser gegenüber wartet eine Buchhandlung auf Besucher, in der unter anderem eine breite Auswahl an Werken von Hermann Hesse zum Kauf angeboten wird:

Beim Eingang der Buchhandlung fallen gut sichtbar in das Mauerwerk eingeritzte Symbole, Schriftzüge und Darstellungen auf. Bei diesen handelt es sich aber nicht um Botschaften aus der Zeit des Mittelalters, sondern um das Werk des Besitzers der Buchhandlung:

Der Innenbereich der Klosteranlage stellt sich nach dem Betreten als deutlich weiträumiger heraus als es von außen gewirkt hatte. Im östlichen Bereich zeigt sich dabei aus der Ferne bereits das „Herzstück“ – die Klausur und die Kirche:


Die Klausur und Kirche im östlichen Bereich stellen das Kernelement der gesamten Klosteranlage dar. Das Betreten der Jahrhunderte alten Gemäuer ist kostenpflichtig. Eine Eintrittskarte für Erwachsene kostet ohne Führung oder Audio-Guide 9 € (Stand: Februar 2023).

Vor der Klosterkirche sticht ein Brunnen ins Auge. Von hier hat man den Klosterhof und Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude der Anlage im Blick:

Von außen besonders beeindruckend ist die Vorhalle der Klosterkirche, die auch als Paradies bezeichnet wird. In früheren Zeiten soll traditionsgemäß dieser Raum von Kirchen mit der Darstellung der biblischen Geschichte des Sündenfalls – der Vertreibung aus dem Paradies – ausgemalt worden sein.
Die Vorhalle der Klosterkirche entstand um 1220 und ist ein Werk der Frühgotik, das von der frühen Gotik Nordfrankreichs beeinflusst wurde:

Das Paradies befindet sich im Westen der Klosterkirche. In der Bibel steht geschrieben:
Gott, der Herr, schickte ihn aus dem Garten von Eden weg, damit er den Ackerboden bestellte, von dem er genommen war. Er vertrieb den Menschen und stellte östlich des Gartens von Eden die Kerubim auf und das lodernde Flammenschwert, damit sie den Weg zum Baum des Lebens bewachten.
Genesis 3, 23-24
https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/gen3.html

Im Inneren der Klausur führt der Kreuzgang an verschiedenen Räumen vorbei. Einer davon ist das sogenannte „Brunnenhaus“. Es befindet sich im Nordflügel des Kreuzganges und ist ein Wahrzeichen des Klosters:

Im Hintergrund ist der Kreuzgarten zu sehen, der sich im Zentrum der Klausur befindet. Er stellt einen Ort der Ruhe und des Rückzuges inmitten des klösterlichen Gemäuers dar. Im Kreuzgarten steht ein alter Magnolienbaum, der jedes Jahr im Frühling erblüht.

Der Kreuzgang selbst, der östlich des Paradieses liegt, besticht durch kunstvolle architektonische Elemente:

Auch die Decken im Inneren der Klausur können die Aufmerksamkeit des neugierigen Besuchers auf sich ziehen. Diese sind nämlich an verschiedenen Stellen mit fein gearbeiteten Figuren und mit bunten Farben verziert. So zum Beispiel hier:

Ebenfalls sehr eindrucksvoll ist die ehemalige Klosterküche im Nordflügel des Kreuzganges. Hier stechen majestätische Säulen ins Auge, die den Raum in gerader Linie durchziehen.

Darüber hinaus wecken die kunstvoll gestalteten Fenster die Neugierde des Betrachters. Ein auf mehreren Fensterscheiben abgebildetes Motiv ist die Lilie, eine weit verbreitete Figur in der Heraldik.

Ein Schlüsselelement der Anlage ist die 1178 eingeweihte, ursprünglich romanische Kirche, die später in der Gotik noch baulich verändert wurde. Die sogenannte „Chorschranke“ teilt die Kirche in den Mönchschor und die Laienkirche.

In der Laienkirche finden sich mehrere seitliche Nischen, die weitere Entdeckungen bereithalten. Die Wände werden hier von verschiedenen Zeugnissen mittelalterlicher Steinmetzkunst geschmückt.
Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der (an ihn) glaubt, in ihm das ewige Leben hat.
Johannes 3, 14-15
https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/joh3.html

Nach der Besichtigung von Klausur und Klosterkirche bietet sich unter anderem das Wagnerhaus auf dem Gelände der Klosteranlage für eine Einkehr an. Es liegt fast ganz im Westen der Anlage, nahe des westlichen Tors und der Apotheke. Hier gibt es Kaffee, Kuchen und regionale Weine, ebenso wie warme Speisen.
Ebenfalls lohnt sich ein Abstecher zum nahegelegenen Tiefen See. Dieser ist ein nur wenige Hundert Meter vom Kloster entfernter Badesee mit angeschlossenem Kiosk. Parallel zur nördlichen Außenmauer der Klosteranlage führt ein schmaler Pfad direkt zum Seeufer.

Über die Geschichte und Architektur der Klosteranlage gäbe es noch viel mehr zu sagen. Dieser Bericht soll lediglich einen ersten Überblick über das Kloster geben. Innerhalb der Klostermauern und der Klausur gibt es noch weitere Sehenswürdigkeiten wie das Museum in der Klausur oder die Gärten, die aus Platzgründen nicht behandelt wurden.
Wie bereits erwähnt, war der deutsche Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse ein Schüler im Evangelischen Seminar im Kloster Maulbronn. Es wird berichtet, dass ihn die Zeit dort nachhaltig beeindruckt und sein späteres literarisches Werk beeinflusst haben muss. Allerdings soll nicht verschwiegen werden, dass er es nicht einmal ein Jahr im Seminar in Maulbronn aushielt, obwohl er das Kloster zunächst „großartig“ fand.
Nach einer zwischenzeitlichen Flucht, die für großen Aufruhr sorgte, verließ er das Seminar schließlich. Es folgte ein Aufenthalt in einer Nervenheilanstalt infolge eines Selbstmordversuches. Seine Schullaufbahn setzte Hesse schließlich am Gymnasium in Stuttgarts ältestem Stadtbezirk Bad Cannstatt fort. Trotz seines offenbar zwiespältigen Verhältnisses zum Kloster sollen die abschließenden Worte zu diesem Beitrag dem Dichter Hermann Hesse gehören:
Die Flamme
Ob du tanzen gehst in Tand und Plunder,
Ob dein Herz sich wund in Sorgen müht,
Täglich neu erfährst du doch das Wunder,
Daß des Lebens Flamme in dir glüht.Mancher läßt sie lodern und verprassen,
Trunken im verzückten Augenblick,
Andre geben sorglich und gelassen
Kind und Enkeln weiter ihr Geschick.Doch verloren sind nur dessen Tage,
Den sein Weg durch dumpfe Dämmrung führt,
Der sich sättigt in des Tages Plage
Und des Lebens Flamme niemals spürt.Hermann Hesse
entnommen aus: Das Lied des Lebens (Sammlung von Hesse-Gedichten)
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