Mythische, gotische Kirche in Schottland

Rosslyn Chapel ist eine im 15. Jahrhundert erbaute und im schottischen Dorf Roslin, in der Nähe von Edinburgh gelegene, gotische Kirche. Das Bauwerk wartet mit einer vielfältigen und bewegten Geschichte auf. Diese ist eng mit dem Familiennamen Sinclair (auch St Clair) und dessen Verbindungen zwischen schottischem, französischem und norwegischem Adel verknüpft. Nicht zuletzt, da Rosslyn Chapel von Sir William St Clair gegründet wurde.
Ein Eintauchen in die Geschichte von und (Geschichten um) Rosslyn Chapel und der Sinclairs führt unter Anderem zur Historie der Kreuzzüge, des schottischen Unabhängigkeitskrieges, zu Tempelritter-Legenden und zur Entwicklung der schottischen Freimaurerei.

Um Rosslyn Chapel ranken sich zahlreiche Legenden und Spekulationen, befeuert durch verschiedene Publikationen. Einem breiteren Publikum wurde die Kirche jedoch wohl erst durch die Veröffentlichung des Buches „Der Da Vinci Code“ von Dan Brown und dessen spätere Verfilmung bekannt.
Neben der Kirche befindet sich ein modernes Besucherzentrum, in dem Bücher (auch „Der Da Vinci Code“) und andere Souvenirs erworben werden können. Unten abgebildet ist eine kleine Besucherbroschüre, die der legendäre „Green Man“ ziert, der in verschiedenen Variationen im Inneren der Kirche und an den Außenmauern auftaucht (daneben ein Souvenir, das die „Green Woman“ zeigt):
2019 bot sich mir die Gelegenheit für einen persönlichen Besuch in der Rosslyn Chapel und im Dorf Roslin. Das Dorf beheimatet nicht nur die berühmte Kirche, sondern auch die Burg Roslin Castle. Zudem wurde am nahe Roslin gelegenen Roslin Institute vor 25 Jahren das „Klonschaf“ Dolly geklont. Ein Vorgang, der weltweite Aufmerksamkeit erregte.
Bereits von außen bietet die Kirche einen imposanten Anblick. Denn die Mauern sind auf allen Seiten mit verschiedenen Figuren geschmückt. So kann man beispielsweise bei genauem Hinsehen an der südlichen Außenseite von Rosslyn Chapel die Figur eines Kamels entdecken.
Vor der Kirche befindet sich das kunstvoll verzierte Grab des 4. Earl von Rosslyn, Francis Robert St Clair-Erskine (3. Bild der Slideshow).
Das Innere der Rosslyn Chapel beherbergt einen noch größeren Reichtum an beeindruckender Steinmetzkunst, der sich dem Auge des Besuchers darbietet. Zahlreiche Figuren und Verzierungen schmücken die Decken, Wände und Säulen der Kirche. Jede davon ist ein Kunstwerk für sich, das Neugierde und Phantasie des Betrachters zu wecken vermag.
So findet man unter Anderem Darstellungen der Geburt Christi, von dessen Kreuzigung, verschiedener „Green Men“, eines gefallenen Engels, der sieben Todsünden und verschiedener, teils exotischer Pflanzen wie Aloe Vera.
Einen prominenten Platz nehmen zwei auffällige Säulen ein – die sogenannte „Meistersäule“ und die sogenannte „Lehrlingssäule“. Um die Entstehung dieser beiden Säulen rankt sich eine Legende, die vage an die freimaurerische Legende von Hiram Abif erinnert.
Allerdings wird in diesem Bereich streng darauf geachtet, dass Besucher keine Fotos aufnehmen. Einen ersten Eindruck von der Vielfältigkeit und Symbolhaftigkeit des Kircheninneren sollen daher die Bilder aus folgender Broschüre vermitteln:

Im Osten der Kirche führt eine Treppe hinab zur Krypta. Im Buch „The Book of Hiram“ von Christopher Knight und Robert Lomas ist eine Abbildung von Symbolen enthalten, die bereits vor langer Zeit in die südliche Wand der Krypta geritzt worden sein sollen (vgl. Fotos unten).
Tatsächlich gelingt es mir bei meinem Besuch in Rosslyn Chapel, die im Buch dargestellten Symbole an der rauen Wand ausfindig zu machen. Außerdem fällt auch der unmittelbar links davon eingeritzte Fünfstern ins Auge:
Nachdem ich mich in der Kirche umgesehen und die mystische Atmosphäre eine Zeit lang auf mich wirken lassen habe, die im Inneren trotz des unablässigen Besucherstromes herrscht, erkunde ich das umliegende Gelände.
In wenigen Minuten gelange ich zur nahe gelegenen Burg Roslin Castle, die weiter unten abgebildet ist. Anschließend spaziere ich am benachbarten Fluss North Esk entlang, bevor ich schließlich nach Roslin zurückkehre, um von dort nach Edinburgh zurückzufahren.
Auf dem ganzen Gebiet rund um Roslin Castle herrscht eine angenehme Ruhe. Der Aufenthalt am Fluss und im umgebenden Wald bietet die Möglichkeit, die zuvor gesammelten Eindrücke in der Stille der Natur nachwirken zu lassen.



Zum Abschluss dieses kurzen Berichtes, ein Gedicht von Francis Robert St Clair-Erskine, das auf seinem Grab vor der Rosslyn Chapel eingraviert ist:
Safe, Safe at last from doubt, from storm, from strife
Moored in the depths of Christ’s unfathomed grave
With spirits of just, with dear ones lost
And found again, this strange ineffable life
Is Life Eternal; Death here has no place
And they are welcome best who suffered most.
We enter life but through the gates of Death.
https://www.rosslynchapel.com/visit/things-to-do/wander-around-the-grounds/
Bilder und Text © Michael Metzger, 2021. Alle Rechte vorbehalten.
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